CD des Monats April 2022: Ghost – Impera

Ihr kennt das Gefühl, wenn man nach den ersten Tönen die Lauscher stellt, sich das Herz öffnet und man den Song am Ende für immer ins Herz geschlossen hat? Call me little Sunshine hat das geschafft. Basta. Aber das Album auf diesen Song zu reduzieren wäre unfair. Impera schafft auf wunderbare Weise den für unmöglich geglaubten Crossover von  AOR und Prog. Dafür sprechen auch die Alben-Verkaufscharts, die Impera mühelos erklommen hat. Prog-Fans werden deshalb verächtlich die Nase rümpfen. Aber war Paranoid schlecht, weil es ein Nummer 1 Hit war? Oder, der Inbegriff des Prog, war Whole Lotta Love schlecht, weil es ein Nummer 1 Hit war?

Zugegeben, manchmal klingt das sehr nach Bon Jovi (Spillways), was ja aber nicht schlecht sein muss. Oder Van Halen. Auf Griftwood wurde das geniale „Aint talkin bout love“-Intro wunderbar aufgegriffen und löst bei mir sofort den Griff zu meiner Luftgitarre aus. Außerdem wird in diesem Song gleich mehrfach die Antwort nach der besten Band beantwortet: Yes. 🙂 Pepper, cool bleiben, ist ein Scherz.

Die Instrumentals wie Imperium, Dominion und Bite of Passage hätte man sich allerdings sparen können. Ein „Embryo“ von Black Sabbath ist da nicht dabei.

Die Powerballaden -mehr Power als Balladen- Respite on the Spitalfields und Darkness at the Heart of my Love sind einfach nur schön. Aber bitte keine Kuschel-Schmachtfetzen erwarten. Die Geister bleiben auch hier ihrer Linie treu und vergessen den Prog nicht.

Kaisarion zeigt, was für ein Klasse-Gitarrist hier die Axt schwingt. Etwas erinnert der Song in seiner Leichtigkeit an In the heat of the moment. Aber wichtig sind hier weniger die gängigen Melodielinien, sondern die Frickeleien zwischen den Zeilen, die einem Herrn Malmsteen  auch gefallen würden.

Und volles Risiko gehen Ghost mit Twenties. Der Song muss einem nicht gefallen (explizit lyrics, zwinker), aber mehr Wiedererkennungswert gibt es nicht. Im Zeitalter von CDs, in denen im Prinzip zehnmal ein Song wiederholt wird, ist das ein Highlight der besonderen Art. Und so richtig weiß ich selbst nach dem x-ten Hören noch nicht, ob ich den Klasse finde. Den würde ich am ehesten Pain of Salvation zuordnen. Daniel Gildenlöw lässt grüßen. Und nicht nur Daniel, auch Yngwie und Ghost, alles alte Schweden. Alter Schwede!

Watcher in the Sky (da hoffte ich auf ein Cover des Gabriel-Genesis-Hits, aber der heißt ja auch Watcher of the Skies) und Hunter’s Moon sind starke Rockers mit starken Riffs. Das Eingangsriff von Watcher in the Sky kenne ich auch irgendwo her. Aber, ist doch egal, es ist klasse.

Impera ist ein abwechslungsreiches Album nicht nur für AOR-Jünger. Van Halen und Bon Jovi waren die Helden von gestern, heute sind Ghost die Heroes. Und wenn Ghost es schaffen, den Prog salonfähig zu machen, dann können wir uns auf viele schöne Alben in der Zukunft freuen. Pepper gibt 15 Punkte,  ich ziehe die 16 und veredle damit das Album zu unserem jüngsten Topalbum.

Damit die Iron Maiden-Fraktion nicht ganz unzufrieden ist, gibt es mit dem Debut von Stray Gods (Anspieltipp:The Seventh Day) und der neuen Scheibe von Sanhedrin (Anspieltipp: Correction) gleich zwei empfehlenswerte Langrillen, die einem das Hirn rausblasen. Viel Spass Rüdiger

 

 

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