CD des Monats Mai 2023 Ricochet-Kazakhstan

Eine deutsche Band! Und die zeigt dem Rest der Progwelt, wo der Baddel den Moscht holt. Ein kleiner Mangel vorab: Auch wenn Michael Keuter ein Ausnahmesänger ist, hätte ich ihn an manchen Stellen ein bisschen heruntergemischt, damit die Instrumente besser zur Geltung kommen. Michael Keuter soll früher Shouter bei einer Uriah Heep – Coverband gewesen sein. Und genauso klingt das; wie Uriah Heep auf Speed.

Ansonsten gibt es kaum was zu meckern. Schöne, fette Riffs, wie in Waiting for the Storm, lassen die Luftgitarre von Anfang an glühen. Was für ein Druck, kompositorisch großartig, mit wunderbaren Keyboardeinlagen und einem Schlagzeug, das seinen Namen verdient hat.

Sieben der neun Songs haben eine Länge von über 6 Minuten; für manche vielleicht zu anstrengend, für uns Progger eben nicht. Die ersten 30 Sekunden von  The Custodians zeigen die Marschrichtung; was für ein Riff. Das klingt so einfach. King of Tales ist fast massenkompatibel mit einer schönen, harten Melodie. Farewell mit seinen fast 10 Minuten ist virtuos und verschachtelt, die epische Hymne des Albums.

Kazakhstan mit seinen 7 Minuten beginnt orientalisch, bevor ein fettes Riff Geschwindigkeit aufnimmt. In der Folge übernimmt der Keyboarder die Führung. Wenn Keith Emerson das hätte erleben dürfen, wäre er sicher begeistert gewesen.  Und so, oder so ähnlich, könnte man das bei jedem Song schreiben. Eine Ausnahme ist da Interception, die Ballade. Diese Ballade ist so schmalzig, dass man die besser bei Helene Fischer platziert hätte. Die Keyboards sind noch dazu so uninspiriert, dass man kaum glauben kann, dass das dieselbe Band ist, die gleich danach Waiting for the Storm intoniert.

Aber zu den harten Sachen fällt mir keine Band ein, die hier vergleichbar wäre. Dream Theater vielleicht oder Queensryche in guten Tagen. Oder gar die Programmed von Lethal, ein völlig unterschätztes Meisterwerk, das selbst wir in unserer Topalbenliste bislang vergessen haben. Und trotz dieser prominenten Namen, macht die Stimme von Michael Keuter den Unterschied. Ich traue mir zu, dass ich jeden Song von Ricochet -auch wenn ich den noch nie gehört hätte- relativ schnell zuordnen könnte.

Ich gebe ganz ungern schon nach zwei oder auch drei Durchläufen die Höchstpunktzahl. Oft tritt nach öfterem Hören eine gewisse Langeweile ein. Lassen wir es heute bei 15 von 20 Punkten. Immerhin Topalbumanwärter! 🙂 Rüdiger. Der Pepper ist da meiner Meinung.

Und was gab es noch:

Night Demon-Outsider: Heavy Metal ohne Schnörkel. Wer mit Hardcore Superstar kann, müsste auch hier glücklich werden. 13 Punkte

Saxon- More Inspirations: Saxon ist sowas wie eine Institution. Die ersten Scheiben fanden bei mir weniger Gefallen. Erst ab 1995 haben Scheiben wie Metalhead oder Dogs of War meinen Plattenteller häufiger gesehen. Schon 2021 haben Saxon eine Coverscheibe namens Inspirations rausgebracht und das Wort „more“ signalisiert wohl, dass dort weitergemacht wird, wo man damals aufhörte. Aber die Songs kommen alle relativ uninspiriert daher. Was macht der gute Biff falsch? Es fehlt die Power, was vielleicht auch einem grippalen Infekt geschuldet war. Aber grippaler Infekt hin oder her, dann wartet man, bis wieder alles heile ist. Einen Song wie Substitute kann man covern, aber dann müssen zu „Substitute“ solche Shouts kommen, dass mir meine Segelohren glatt gebügelt werden. Und einen Song wie den Faith Healer zu covern, grenzt fast an Majestätsbeleidigung. Für junge Saxon Fans, die keine Songs vor 2000 kennen, mag das ein Fest sein. Die Songs waren, zu ihrer Zeit, allesamt Hits und so schlimm hat Saxon die auch nicht verunstaltet. Und sicher, wenn man die Saxon-Version zuerst hört, und das Original später, dann mag das nicht ganz so schlimm sein. Aber wirklich empfehlen kann ich das Teil nicht. Aus alter Verbundenheit: 10 Punkte.

Overkill-Scorched: Mehrfacher Testsieger! Aber Thrash bleibt Thrash. Wenn ich richtig schlecht gelaunt bin, dann geht das. 10 Punkte.

Pop Evil – Skeletons: Nu Metal wie Papa Roach, aber auch nicht der Bringer. 10 Punkte.

Metallica – 72 Seasons: Mit dem schwarzen Album hat Metallica den Wandel vom Thrash zum Heavy Metal vollzogen. Die old school Fans werden das nie verzeihen. Die neuen Fans erwartet das beste Heavy Metal Album von Metallica seit dem schwarzen Album. James Hetfields Stimme ist wie immer unverwechselbar. Der Druck der Scheibe passt.  14 Punkte.

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